Monday, 13 April 2009

Eine These zur Problematik des wissenschaftlichen Geltungsanspruchs

Die grossartige Grundidee der Wissenschaften (gerade wegen ihrer historischen Ursprüngen in den Naturwissenschaften) ist es, dass im Gegensatz zu anderen Weltbildern, namentlich Religionen, keine konkreten Grundprinzipien für die Anschauungen, sprich die Theorien, existieren sollten, sondern nur Prinzipien, Grundsätze, in der Methodik, also, wie man die Welt anschaut.
Es ist auch diese Grundidee, auf der die empirischen Sozialwissenschaften und ihre deskripitven und instrumentellen Theorien fussen: Man behauptet nichts, was man nicht vorher gesehen hat.
Nun gilt es jedoch - wiederum aus historischer Sicht - zu befinden, dass die meisten heute gängigen empirischen Untersuchungen und Theorien von westlichen (also im westlichen Kulturraum sozialisierten) Wissenschaftlern im westlichen Raum untersucht und zu solcher Konsistenz entwickelt worden sind, dass sie im Zeitpunkt der Ausdehnung und Vermittlung in andere Kulturräume, speziell den asiatischen, wenig aufnahme- und veränderungsbereit war. In der Folge sollte sich die Wissenschaft nicht mehr an den Tatsachen, sondern umgekehrt die Tatsachen an den Theorien orientieren.
Hierbei entblösste sich die Empirie als stark in den Theorien befangen, als teilweise "self-fulfilling prophecy", indem sie den Untersuchungsgegenstand, asiatische Kulturen oder Wirtschaftssysteme, durch ihre eigene Untersuchung und mit dem übermächtigen ökonomischen, politischen und sozialen Apparat des Westens im Rücken selbst veränderte. Es ist dies, was Kritiker an westlichen Wissenschaften als "moderner Imperialismus" diffamieren.
An dieser Stelle soll nicht von einem (beabsichtigten) Imperialismus der Wissenschaften gesprochen werden, sondern von einem Paradigma: Die westlichen Theorien sind zu raffiniert geworden, als dass sie allzu andersartige Tatsachen integrieren könnten. Dies muss oder kann sie auch fast nicht mehr, da mit der Globalisierung schon in vielen Bereichen eine "Verwestlichung" - gerade auch im Zuge der wissenschaftlichen Erforschung - stattgefunden hat. Damit hat sich die Wissenschaft aber selbst unbeabsichtigt auch den Anspruch einer höheren Geltungskraft als andere Glaubensmuster, etwa auch die Religionen, abgesprochen.
Umgekehrt lässt sich diese Argumentation aufgrund des nachhaltigen Einflusses der westlichen Wissenschaften auf die verbliebenen andersartigen Referenzpunkte nicht beweisen. Sie erhebt aber auch keinen höheren Geltungsanspruch wie die Wissenschaft und will sich selbst immunisieren, sondern will als These verbleiben.

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